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Wer hätte das gedacht: Time Out – die wohl wichtigste Informationsquelle für Londoner und Besuch – gratis.
Unser Mitarbeiter, der Journalist und Buchautor Peter Sahla erinnert sich: Das hätte keiner von uns ahnen können, die wir 1968 die erste Ausgabe eines alternativen City Magazins mit dem Titel Time Out kauften. Time Out, das heißt so viel wie Freizeit. Das Heft, herausgegeben von Tony Elliott, hatte DIN A5 Format, kostete einen Shilling (damals hatten wir hier in Großbritannien noch nicht das Dezimalsystem entdeckt) und war für uns Teil des London Underground. London Underground, was das wohl mal war? Na ja, was Time Out betraf war es frech, alternativ und für junge Menschen gedacht. Kein Establishmentblatt wie What’s On. 5000 Exemplare wurden zunächst pro Woche gedruckt. Und wenn man bedenkt, dass alle meine Freunde das Heft kauften, war klar, dass es ein Erfolgsrezept war. Nicht nur gefiel uns der Inhalt sondern auch die Tatsache, dass die Redaktion nach ko-operativen Prinzipien geführt wurde. Es waren eben die 1960er Jahre.
Aber das Heft änderte sich, drehte sich mit dem gesellschaftlichen Wind. Die Kooperative wurde aufgegeben, der Inhalt war nicht mehr so frech, war angepasster. Ich habe mal in meinem ersten Londonbuch, das ich 1973 für die DuMont Reihe “Richtig Reisen” geschrieben hatte, nachgelesen, was ich damals zu Time Out zu sagen hatte. “War ursprünglich eine aktuelle Informationsquelle für die »alternative« Gesellschaft, wie sich der Underground heute nennt. Führt aber inzwischen alles auf, was sich in der jeweiligen Woche in London ereignet.” Ein paar Mitarbeitern gefiel das auch nicht, sie gründeten 1981 ein Konkurrenzblatt, City Limits. Aber irgend etwas fehlte da von Anfang an. City Limits war zu bewusst linkslastig, aber eben nicht frech – 1993 war der Traum von einem alternativen Londonmagazin aus.
Time Out aber wuchs und wuchs – dehnte seine Aktivitäten aus. Magazine für 63 Städte und Gebiete werden heute von dem Unternehmen angeboten. Mitte Oktober 2012 kam das letzte Londonheft raus, Nr. 2196, das noch £3,25 kostete. Gesamtauflage 55 000. Seitdem bekommt mann/frau es umsonst – es liegt in Cafés, Kinos und Kunstgalerien zum Mitnehmen rum. Eine Auflage von 300 000 ist angepeilt. Das Format hat sich geändert: 26 mm höher und 19 mm breiter. Ich weiß nicht, wie sich dieses Format nennt. Das ursprüngliche A5 Format wurde vor Jahrzehnten aufgegeben.
Ein bisschen Wehmut hat mich schon befallen. Nicht nur bin ich 45 Jahre älter als damals, als ich das erste Heft kaufte, ich frage mich aber auch: wird Time Out diesen Wandel überleben? Wird es wie alle Gratiszeitungen achtlos und respektlos in den U-Bahnzügen weggeworfen, vom Wind durch die ohnehin nicht sehr sauberen Straßen Londons gefegt? Ein würdiges Ende wäre das auf keinen Fall.